BGH – Botanicals II – Bundesgerichtshof stoppt Wohlfühl-Werbung: Gesundheitsversprechen für pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel unzulässig

Sachverhalt
Ein Nahrungsergänzungsmittelhersteller bewarb sein Produkt „Adapto-Genie ANTI-STRESS-KOMPLEX“ mit Aussagen zu Safran- und Melonensaft-Extrakten wie „stimmungsaufhellend“, „optimistischer und glücklicher“, „Stressgefühle nahmen ab“. Der Verband Sozialer Wettbewerb klagte auf Unterlassung – mit dem Argument, die Werbung verstoße gegen die EU-Health-Claims-Verordnung (HCVO). Die Beklagte verteidigte sich damit, dass für pflanzliche Stoffe, die Lebensmitteln, insbesondere Nahrungsergänzungsmitteln, zugesetzt werden (sog. „Botanicals“) die Prüfung der EU-Kommission noch laufe, weshalb eine Übergangsregelung greifen müsse.
Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte das Verbot der Werbung (Urt. v. 05.06.2025 – I ZR 109/22).
Gesundheitsbezogene Angaben – auch allgemeine Aussagen wie „trägt zum Wohlbefinden bei“ – dürfen nur verwendet werden, wenn sie nach der HCVO zugelassen und in die EU-Liste aufgenommen sind. Das gilt auch für pflanzliche Inhaltsstoffe, selbst wenn deren wissenschaftliche Bewertung („on hold“-Status) noch aussteht.
Eine Ausnahme nach Art. 28 Abs. 5 oder 6 HCVO (Übergangsregelung) greift nur, wenn die Angabe bereits vor dem 19. Januar 2008 beantragt und auf Körperfunktionen bezogen war. Für psychische Wirkungen wie „Stimmung“, „Entspannung“ oder „emotionales Gleichgewicht“ gilt diese Ausnahme nicht.
Fazit:
Der BGH folgt damit der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) (Urteil vom 30.04.2025, C-386/23 – „Novel Nutriology“):
Werbung für „Botanicals“ mit gesundheitsbezogenen Aussagen ist grundsätzlich verboten, solange die EU-Kommission die Angaben nicht ausdrücklich genehmigt hat. Auch eine vermeintliche Übergangsphase schützt nicht vor Abmahnungen.
Praxis-Hinweis:
Hersteller und Händler von Nahrungsergänzungsmitteln sollten Werbeaussagen zu pflanzlichen Inhaltsstoffen besonders kritisch prüfen.
- Keine gesundheitsbezogenen Aussagen („stimmungsaufhellend“, „gegen Stress“, „fördert Schlaf“) ohne EU-Zulassung verwenden.
- Auch vermeintlich harmlose Wohlfühl-Versprechen fallen unter das Verbot.
- Zulässig bleibt nur die sachliche Beschreibung der Zusammensetzung oder ernährungsphysiologischen Funktion, sofern kein Gesundheitsbezug hergestellt wird.
Zuwiderhandlungen können Wettbewerbsverbände oder Mitbewerber kostenpflichtig abmahnen – wie der Fall „Botanicals II“ eindrucksvoll zeigt.
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